Das Konzert Teil 2 - AfterShow
Wir stehen im sogenannten Backstagebereich
und wollen uns eigentlich ein paar trockene Klamotten anziehen und die Kehlen
mit ein wenig kaltem Bier erfrischen. Vor der Bühne geht immer noch der
absolute Punk ab. Von Müdigkeit keine Spur. Die Zugaberufe wollen einfach
nicht verstummen. Ratlosigkeit macht sich breit. Alle schauen sich gegenseitig
an.
Oberst Annuß fasst sich
als erster ein Herz und geht auf die Bühne. Mittlerweile ist es schon jenseits
von Mitternacht, und normalerweise wäre das Konzert bereits seit mindestens
einer Stunde beendet. Ich öffne mir eine Flasche Heineken, spüle den
ersten Schluck Bier herunter - ein wahre Wohltat - und höre, wie sich zum
allgemeinen Zugabejubel wieder die ersten Buhrufe ertönen - eine Hommage
an den Oberst. Irgendwie will er die Leute beruhigen, aber irgendwie will sich
der Haufen vor der Bühne einfach nicht auflösen. Die grünen Jungs,
egal ob Österreicher, Spanier oder Deutsche, alle stehen sie da, schreiend,
pfeifend, schwitzend, die Arme oben, ohne jegliche Kleiderordnung, und sind
wie fest gewachsen, wollen einfach nicht "nach Hause".
Der Oberst fragt fast im Flüsterton : "Wollt ihr den DJ hören?"
Der letzte Teil seiner Frage geht im allgemeinen Tumult verloren. Nein, ehrlich,
den DJ will in diesem Augenblick nicht wirklich irgend jemand da draußen
hören. Mir ist klar, dass die unausweichliche Konsequenz daraus nicht anders
aussehen wird, als dass wir das mit den trockenen Klamotten und dem Bier vergessen
können - der Jubel, der von vorne zu uns dringt beweist es. Ich höre
nur noch "...Assholes?", höre das Geschrei, und sehe den ungläubigen
Blick der anderen. Fast mechanisch setzen wir uns in Richtung Bühne in
Bewegung.
Kai greift sich da Mikro. "Euer Oberst Annuß hat es möglich gemacht,
dass hier auf einem Kontingentfest erstmalig eine Band spielen kann!" Zum
allerersten Mal an diesem Abend ertönt lauter Jubel bei Erwähnung
des Obersten Namen. Ich wage zu behaupten, dass er sich das nie jemals in seinen
kühnsten Träumen hätte vorstellen können. Bei so viel Sympathiebekundung
überlässt uns die Bühne.
Wie soll es weiter gehen? Wir haben unser Programm gespielt, was kommt jetzt?
Nach ein paar unendlich langen Sekunden haben wir uns entschieden. "Wollt
ihr Rock´n Roll? Grüne Hölle, wollt ihr Metallica?" Kais
Stimme überschlägt sich fast. Bei "Whisky in the Jar" kocht
esvor uns noch mal hoch. Die mentalen und körperlichen Kräfte schwinden
zwar allmählich, reichen aber noch für
kleine Wortspielereien aus. "Jens, Du hast vergessen zu erwähnen, dass
wir uns heute abend aus aktuellem Anlass umbenannt haben. Wir heißen nicht
mehr Assholes, sondern (AS)S - FOR - Holes." Den Witz hat die Mehrheit vestanden,
denn Jubel mischt sich über das Intro zu "Rebel Yell". Und da
wir alle so gut drauf sind, spendieren Jens und Kai im Mitmachteil am Ende des
Songs den genialen "Schwulen Jakob"-Kanon, den alle mitsingen ( versuchen ).
Einige böse Zungen behaupteten nach dem Konzert, dass unser Oberst mit
Vornamen Jakob hieße... Da dies aber nur ein unbestätigtes Gerücht
ist, und der Oberst uns auch nach dem Gig freundlich gesonnen war, hatten wir
wohl noch ein mal Glück gehabt. Bei "Pretty Fly" lässt Sabine
wieder die Sau raus, löst ihr wallendes Haar und spielt Headbanger. Das
folgende "NDW - Medley" lässt mich meine schwindenden Kräfte
spüren. Vier Stunden Non Stop - Power fordern ihren Tribut. Die Hände
sind vom Schweiss so ziemlich aufgeweicht. Ich brauche viel mehr Kraft, um einen
für mich hörbaren Ton aus dem Bass zu prügeln, dazu kommt, dass
die Ohren ( trotz Gehörschutz ) mittlerweile dicht sind. Die linke Hand
schmerzt, denn der Yamaha-Fünfsaiter hat einen Hals wie ein Schiffsmast.
Die Blase am rechten Daumen ist mittlerweile auch aufgeplatzt. Daher bin ich
ganz froh, dass der nächste Song "Angels" ist, übrigens die einzige
Ballade im Programm.
Vor der Bühne macht sich eine kollektive Rührung breit. Abschiedsstimmung,
wo das Auge nur hinschaut. Wir schütteln Hände, Oberst Klaus S. macht
von der Bühne aus Abschiedsfotos fürs Familienalbum. Der Abend aber
wäre kein gelungener gewesen, ohne dass wir noch einmal die Jungs von Tinnitus
auf die Bühne bitten würden, um mit ihnen gemeinsam "Far Far Away"
zu singen - dieses Mal übrigens nicht in der Hardcore -, sondern in der
gemässigten Sladefassung. Jeder singt eine Strophe, alle singen gemeinsam
den Schlussrefrain, die rührenden Momente sind nicht mehr in Worte zu fassen.
Alles wird gut.
Ende gut, alles gut ? Das gilt leider nur mit Einschränkungen.
Unser lieber Feldwebel-DJ, der uns großspurig auf den Gaststatus hingewiesen
hatte und Verhaltensregeln kundtat, hatte nichts besseres zu tun, als gegen
Ende des Konzertes in den Generator der Datenverarbeitungszentrale samt Internetanschluss
seine dringende Notdurft zu verrichten. Das machte die Heeresflieger, und nicht
nur die, ziemlich böse. Wer lässt sich schon gerne von einem Besoffenen
ins Gehirn pinkeln? Thorsten G. meinte, dass diese Schandtat ihn seine gesamte
Auslands- und Gefahrenzulage kosten würde, von dem Disziplinarverfahren
gegen ihn mal abgesehen. ( Man erinnere sich, was eine Harmlosigkeit wie "Hund
streicheln" einen Soldaten im Lager Rajlovac kostet ).
Während die Anlage und das Licht von extra dafür abkommandierten Bundeswehrsoldaten
abgebaut werden, haben wir Zeit,
uns mit den Leuten etwas zu unterhalten. Es sind viele aus der Eifel da, die
uns zum Teil schon gesehen und gehört haben, und die froh sind, ein Stück
Heimat spendiert zu bekommen. Unsere Merchandisingwaren, wie T-Shirts, Kappen
und CD´s sind im Handumdrehen ausverkauft, zu dumm, dass wir so wenig davon
im Gepäck haben. Mir wird sogar mein eigenes Assholes T-Shirt fast aus
den Händen gerissen. Die lebensfrohen Mädels aus dem San-Bereich sind
samt ihrer Piercings verschwunden, ausser einer, und die bekommt nur noch verständnisloses
Blubbern und kein richtiges Wort mehr heraus. Markos und Tom greifen sie sich,
ich denke "Hoppla, was machen die mit der Armen?" und lassen sie kurzerhand
auf einem LKW in Richtung Unterkunft verschwinden, um ihr ebenfalls einen "Diszi"
wegen abnormer Trunkenheit zu ersparen.
A
propos "abnorme Trunkenheit". Der nächste Morgen ist für mich der
absolute Hammer. Mein Kopf fühlt sich an, als hätte ich eine halbe
Palette Hansa-Pils getrunken... Vielleicht habe ich das auch getan... Bei der
"After Show-Party" ging´s drunter und drüber, wir holten sogar den
armen Tom aus dem Bett, damit er mit zwanzig Leuten in einem unserer beiden
kleinen Unterkünfte mitfeiert. Da sass er nun, in Shorts, halb verschlafen
und fröstelnd auf dem Etagenbett und musste sich dem ausgelassenen Treiben
um ihn herum ergeben.
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